Erbrecht – Wie übertrage ich Immobilien direkt an meine Enkelkinder?

Grosseltern möchten ihre Enkelkinder des Öfteren begünstigen. Gesetzliche Erben dürfen keinen falls benachteiligt werden, auch wenn es um grössere Summen zum Vererben gibt. Überlässt man Immobilien, sollte man sich Nutzniessungs- oder Wohnrechte einräumen lassen.

Wie muss man vorgehen, wenn man Immobilien direkt an die Enkelkinder übertragen möchte, weil man mit seinem Sohn oder Tochter keinen Kontakt mehr hat?

Enterbung

Enterben können Sie einen direkten Nachkommen nur unter besonderen Umständen: Diese liegen vor, wenn jemand gegen Sie oder eine Ihnen nahe verbundene Person eine Straftat verübt hat, oder wenn derjenige die familienrechtlichen Pflichten gegenüber Ihnen oder Angehörigen schwer verletzt.
In der Schweiz sind die Hürden einer Enterbung jedoch sehr hoch. Bundesgerichtliche Rechtsprechung besagt, dass eine Kontaktverweigerung oder ein Streit über die Wahl des Lebenspartners nicht reicht, um Kinder zu enterben. Vielmehr setzt eine Enterbung beispielsweise einen körperlichen Übergriff, oder das Unterlassen lebenswichtiger Hilfeleistungen voraus.
In der vorliegenden Konstellation kann der Sohn oder die Tochter nicht enterbt werden. Man kann ihn oder sie aber auf den Pflichtteil setzten. Ist man verwitwet, beträgt der Pflichtteil des Sohnes oder Tochter 3/4 des gesamten Nachlasses. Wenn der Sohn oder die Tochter nicht bereit ist, auf sein resp. ihr Erbe zu verzichten, so kann man dem Enkel oder der Enkelin maximal 1/4 der Nachlasswerte mittels Testament vermachen.
Wenn die Liegenschaft nicht mehr als 1/4 des gesamten Nachlasses ausmacht, dann kann die Immobilie auch dem Enkel verschenkt werden, ohne dass der Pflichtteil des Sohnes verletzt wird.
Wir der Pflichtteil der Erblasser verletzt, so ist ein Testament nicht einfach unwirksam. Das heisst somit, dass die verletzte Person beim zuständigen Gericht die Herabsetzungsklage nach Zivilgesetzbuch einleiten kann.
Zu bedenken ist auch, dass Menschen im Alter oft pflegebedürftig werden. Dies verursacht meist hohe Kosten. Es kommt auch immer wieder vor, dass leider die eigene Liegenschaft für die Deckung der Pflegekosten verkauft werden muss.
Wie kann man das verhindert werden? Immer mehr ältere Menschen vererben ihre Immobilie bereits vor ihrem Tod an die Nachkommen. Folgendes muss beachtet werden: Für die Berechnung des Anspruchs auf Ergänzungsleistungen (EL) wird geprüft, wie hoch das Einkommen, die Ausgaben und das Vermögen der betreffenden Person ist.
Wird Vermögen verschenkt oder im Rahmen eines Vorerbes vergeben, dann gilt diese Zuwendung für die Berechnung des EL-Anspruchs als Vermögensverzicht, der angerechnet wird. Der Vermögensverzicht reduziert sich jährlich um Fr. 10’000.-. Aus diesem Grund lohnt es sich, die Schenkung möglichst früh zu tätigen, damit möglichst viel abgezogen werden kann.

Nutzniessung und Wohnrecht

Wer eine Immobilie zu Lebzeiten vererbt, sie aber weiterhin selber nutzen möchte, kann die Schenkung mit einem lebenslangen Nutzniessungs- oder Wohnrecht verbinden. Der bisherige Eigentümer kann bei einer Nutzniessung weiterhin in der Liegenschaft leben und Mietzinseinnahmen generieren. Verkaufen darf er sie aber nicht, sowie trägt weiterhin alle Kosten und Steuern.
Das Wohnrecht ist eine eingeschränkte Form der Nutzniessung. Wer das Wohnrecht in einer Liegenschaft besitzt, darf sie zwar selber bewohnen, aber nicht vermieten.
Der Inhaber des Wohnrechts muss lediglich für die Unterhaltskosten aufkommen und den Eigenmietwert als Einkommen versteuern. Im Gegensatz zur normalen Nutzniessung muss der neue Eigentümer der Liegenschaft die Hypothekarzinsen und alle notwendigen Versicherungsprämien bezahlen.
Das Wohnrecht eignet sich in der Regel dann, wenn der bisherige Eigentümer sich nicht mehr um die Liegenschaft kümmern und sie mit allen Verpflichtungen frühzeitig weitergeben möchte.
Zu beachten ist: Ab dem Zeitpunkt der Schenkung bis zum Todesfall kann der Wert einer Immobilie steigen. Auf diesen Wertzuwachs muss der Beschenkte keine Schenkungssteuer bezahlen.

  • Köppel-Legal AG unterstützt Sie, wenn Fragen zu folgenden Themen auftauchen:
    Wie verfasse ich ein Testament?
  • Erbt auch ein uneheliches Kind?
  • Ich möchte ein Haus meinem Sohn oder Tochter überschreiben – geht das?
  • Der Gesetzgeber schreibt vor, dass nahe Verwandte nicht übergangen werden dürfen. Wie steht es um die Pflichtteile?
  • Haben Sie noch weitere Fragen?

10 Kommentare

An Diskussionen teilnehmen.

Joachim Hussingantworten
17. August 2018 um 22:23

Dieses Rechtsgebiet finde ich sehr interessant. Wenn man Fragen zum Thema Erbrecht hat, dann sollte man sich aber lieber an einen Anwalt wenden.

Edoardo Koeppelantworten
17. August 2018 um 22:44
– Als Antwort auf: Joachim Hussing

Sehr geehrter Herr Hussing
Ein Anwalt ist sehr teuer und nur dann nötig, wenn Sie einen Gerichtsprozess anstreben, wegen des Anwaltsmonopols. Im falle einer notariellen Beurkundung müssten Sie nicht zu einem Anwalt sondern zu einem Notar. Wir beraten unsere Kunden umfassend über deren rechtlichen Möglichkeiten und leiten diese erst dann an einen unserer Partner-Anwälte oder Notare weiter, wenn dies angezeigt ist.
Freundliche Grüsse
Edoardo Köppel

Michael Bäckerantworten
30. November 2018 um 13:53

Danke für die Informationen zum Übertragen von Immobilien. Meine Bekannte hilft gerade ihren Großeltern ihre Erbfolge zu regeln. Sie hat dann auch dazu geraten, einen Fachanwalt für Erbrecht zu nehmen, da dieser sich besser auskennen wird mit Immobilien, Erbfolge und Wohnrechten.

Neeltje Forkenbrockantworten
11. Februar 2019 um 9:11

Meine Großmutter möchte gerne das Familienhaus an mich vererben. Leider hat sie keine Kenntnisse im Bereich Liegenschaftsrecht. Deswegen informiere ich mich hier für sie, aber es scheint, dass das Unterfangen doch nicht so einfach ist, wie gedacht.

finnantworten
12. Juli 2019 um 3:52

Dankbar für einen guten Tipp zu der Nutznießung! Dies wäre für meinen Opa sehr günstig, wenn wir zusammen unter einem Dach leben könnten. Da kann er schon zu Lebzeiten nicht nur vererben, sondern auch sich in seinem Alter sicher fühlen. Ein nüchterner Anstoß zum Überlegen, danke!

Sven Bucherantworten
14. November 2019 um 10:23

Ich beschäftige mich derzeit mit einem ähnlichen Thema. Ich möchte das Erbe meines Opas empfangen, da dieser sicherstellen möchte, dass es in meinen Besitz fällt und nicht in die Hände meines Vaters. Wie Sie beschreiben, sind Enterbungen nur unter besonderen Umständen möglich. Vielen Dank für Ihren Beitrag.

Markus Richterantworten
26. Februar 2020 um 15:03

Ich beschäftige mich derzeit mit meinem Testament und möchte gerne mein Haus meiner Enkelin vererben. Ich wusste nicht, dass man die direkten Nachkommen nicht so einfach enterben kann. Es könnte sich in meinem fall lohnen, eine Beratung von einem Anwalt für Erbrecht einzuholen.

M. Schefflerantworten
1. April 2020 um 10:40

Ich werde wohl mal einen Rechtsanwalt für Erbrecht konsultieren müssen. Ist es nur in der Schweiz so, dass man enterben kann, wenn familienrechtlichen Pflichten gegenüber einem selbst oder Angehörigen schwer verletzt wurden? Mein Sohn unehelicher Sohn wollte mich nie sehen. Ich möchte eigentlich alles meiner Tochter und meinen Enkelkindern vererben.

Tobias Müllerantworten
12. Juni 2020 um 17:25

Vielen Dank für den Beitrag zum Erbrecht. Mein Bekannter möchte seine Immobilie an seinen Enkel vererben und sucht gerade nach Informationen zu diesem Thema. Gut zu wissen, dass man eine Immobilie schon zu Lebzeiten vererben kann und diese dann weiter unter Beibehaltung von Nutznießung und Wohnrecht bewohnt.

Hanna Adamsantworten
17. Juli 2020 um 9:27

Vielen Dank für den Rechtstipp zum Thema Erbrecht. Mein Opa lässt sein Testament durch eine Kanzlei für Erbrecht erstellen, da er seine Geschäfte und Vermögen geordnet wissen möchte. Gut zu wissen, dass es kaum möglich ist einen direkten Nachkommen zu enterben, da hierfür außergewöhnlich Umstände gegeben sein müssten.

Schreibe einen Kommentar